Turid schnaubte leise. "Ihr Aristoten glaubt wirklich daran, dass Ihr besser seid als alle Anderen, oder?", rutschte es der Soldatin heraus. Sie fühlte sich eben nicht wohl in ihrer Haut und irgendwie auch in die Enge gedrängt. Warum nur schien es ihr eben so, als würde sich ihr Vater hinter ihr räuspern? Unbehaglich zog sie die Schultern straff und drehte sich skeptisch um. Doch natürlich war da einfach niemand. Sie seufzte schwer und drehte sich wieder zur Geistlichen hin um. Doch von dort aus schien sie nun den alten Bischof aus Augsburg zu hören: "Ich bin mir sicher, dass Ihr tief in Eurem Inneren bereits an ihn glaubt" Das reichte doch nun wirklich! Verzweifelt blickte sie zum dunkler werdenden Himmel hinauf. Warum stärkten ihr die Götter nicht einmal den Rücken? Turid biss sich auf die Lippen und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Da war das Thema der Beichte nun eine gute Ablenkung. Strafen dafür, dass man etwas falsch machte, waren schon soweit in Ordnung. Auch die Zielsetzung, dass man darüber nachdachte, was man falsch gemacht hatte, war nichts, wogegen sie etwas einwenden konnte. Sie nickte also leicht: "Also mehr so, wie man mit einem Kind verfährt, dass Blödsinn gemacht hat."
Leutnant Ritter Turid von Thorstein Akademieleiterin stellv. SK von Rothenburg Rothenburg im Herzen die Sicherheit im Sinn Sanitäterin, Armeewissenschaftlerin
Das traf nun tatsächlich. Glaubten die Aristoten, sie eiene etwas besseres? Sybilla denkt über den Vorwurf nach. Ja, manchmal schwang da sicher eine Überheblichkeit mit. Doch andererseits, ist man nicht auch irgendwie besser, wenn man dem einzig wahren Gott folgt. Aber sie spürt, dass diese Selbstzweifel Turid nun wirklich nicht helfen würden. Aber die Kraft, hier vehement zu widerpsrechen fehlt ihr auch.
"Ich bin nicht besser, aber ich glaube ich weiß den besseren Weg für deine Seele."
Sie bemerkt den Blick der anderen zum Himmel. "Schau, Gott ist sicher anspruchsvoll. Und oft ist es schwer, was er uns auferlegt. Doch er ist eben wie ein Vater. der gibt uns auch Aufgaben die schwer sind, damit wir daran wachsen. Weil er vielleicht besser weiß als wir, was wir wirklich können. Und deswegen ist auch seine Strafe mehr ein Hinweis wie wir uns verbessern können."
Das Nordweib konnte nun wirklich stur und störrisch sein, wie die Kameraden in der Kaserne auch nur zu gut wussten. Und eben diese Sturheit zeigte sich nun wiedereinmal auf ihren Zügen. "Woher wollt Ihr wissen, was für mich ein besserer Weg ist? Wie kommt Ihr darauf, dass ich einen anderen Weg als den Meinen brauchen könnte?", fragte sie so ruhig wie sie konnte nach.
Ein Anspruchsvoller Vater soll dieser Gott sein? Da kamen die Bilder von Vater Arnold hoch. Er war ein anspruchsvoller Vater gewesen, der seine Kinder immer herausgefordert hatte. Nie hatte er sich mit weniger zufrieden gegeben. Die Art der Mutter mit ihrem sanften Lächeln war Turid dennoch näher gewesen. Sie hatte auch kreative Umwege gekannt und akzeptiert, um ein Ziel zu erreichen. Turid seufzte leise. Sollte sie die Sturheit vom Vater geerbt haben? Sie schüttelte kaum merklich den Kopf. und konzentrierte sich lieber wieder auf ihr Gegenüber.
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Sybilla hat das ganz dumpfe Gefühl, sie habe schon mit Mulis diskutirt, die weniger störrisch waren. Sie lächelt. "Hatten wir das nicht schon? Hört einfach ehrlich in euch hinein. Hört eure Verlorenheit, eure Verzweiflung, eure Fragen. Eure Seele weiß, das da mehr sein muss, dass ihr in die Irre geht."
In stiller Verzweiflung schloss Turid die Augen. Sie fühlte sich ruhelos, ohne einen festen Halt und irgendwie entwurzelt. Doch wollte ihr Starrsinn, das nicht so einfach zugeben. Sie seufzte schwer. Langsam öffnete sie ihre Augen wieder. "Wie kann ich das finden? Ich meine, das was da mehr sein muss. Ihr müsst doch wissen, wie man dieses Ziel erreichen kann.", sagte sie leise und dennoch immer noch leicht widerstrebend. "Wird eine wie ich nicht fortgeschickt werden?", hakte sie weiter nach. "Und was ist mit meiner Familie?", war der nächste Punkt, der ihr Kopfzerbrechen bereitete. Sie trug schließlich nicht nur Verantwortung für sich selbst, sondern eben auch für Mann und Kinder. Die Unruhe, die sie nun erfasste, ließ sie die Hände fahrig ringen und kneten, ohne dass sie es selbst wirklich gemerkt hätte.
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Sybilla spürt, dass hier mehr nötig ist als nur trockene Theorie und nimmt die jüngere einfach mütterlich in den Arm. "Wen du weinen möchstest, weine ruhig. Manchmal muss man seinen Kummer loswerden. Und du trägst eine schwer Last schon so lange mit dir und hast immer versucht stark und tapfer und unerschtterlich zu sein. Das musst du aber hier nicht. Gott würde dich niemals richten weil du einfach nur menschlich bist. Und warum sollte er dich fortschicken. Wenn du ihn in dein herz lässt, dann bleibt er für immer. Er wendet sich nie ab von uns, nur wir verlassen ihn und gehen in die Irre. Aber seine Tür steht immer offen für uns."
Sie streichelt Turid noch einmal über den Rücken und lässt los. "Was meinst du mit deiner Familie? Glaubst du, Gott würde sie für deine Entscheidungen strafen?"
Man mochte es nicht meinen, doch hatte sich viel in Turid geändert seit dem Beginn des Gesprächs. Es war noch nicht lange her, da hätte sie diese mütterliche Umarmung der Anderen schlicht abgewehrt, diese zurückgestoßen und sturköpfig zurückgewiesen. Doch nun ließ sie diese Geste zu, wenngleich sie sich im ersten Moment dennoch kurz versteifte und sich erst nach diesem kurzen Moment des Zögerns darauf einlassen konnte. Sie ließ sogar den Kopf leicht gegen die Schulter der Älteren sacken und suchte Halt bei ihr. Doch die Tränen ließ sie dennoch nicht kommen. Das ging einfach nicht. Als sich Sybilla wieder von ihr löste, richtete auch Turid sich wieder auf. Sie räusperte sich leise. "Ihr sagtet, man müsse wegen der Verfehlungen eine Strafe hinnehmen, damit man über sie nachdenkt.", versuchte sie sich einem für sie wichtigen Punkt anzunähern, "Wenn man sich von Eurem Gott abgewendet hat, wird das aus seiner Sicht vermutlich als Verfehlung gelten.", dachte sie laut nach, "Sollte, ich darüber nachdenken mich... taufen...", dieses Worte fühlte sich fremd in ihrem Mund an und klang in ihren Ohren auch fremd nach, "zu lassen. Was würde mich dann erwarten? Was für eine Strafe würde ich hinnehmen müssen?" Gut, das war der für sie wichtige Part gewesen. Nun musste sie aber nicht nur an sich denken, sondern eben auch an Hans und die Kinder. "Was würde das dann für meinen Mann und die Kinder bedeuten? Für uns als verheiratetes Paar. Würde sich da etwas ändern? Was würde ich ihnen damit aufbürden?", hakte sie nun nach, da sie die Sorge hatte, dass es ihren Lieben vielleicht damit nicht gut ergehen würde.
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Manchmal helfen Gesten eben doch mehr als alle klugen Worte. Ein Weisheit die leider auch mancher in der Kirche nicht verstanden hatte. Dazu musste man wohl Mutter sein. Jedenfalls spürt Sybilla, wie etwas in Turid weich wird und nachgibt, als ob ein Eispanzer im Frühling bicht und der Natur ihre Lebendigkeit zurückgibt. "Ja, wenn du dich zur Taufe enetscheiden würdest, müsstest du eine Busse leisten. Wobei ich eigentlich denke, du hats nur dir geschadet und durch die Taufe heilst du schon deine Seele. Was könntest du dir denn als Busse vorstellen?" fragt Sybilla die Jüngere während sich schon eine Idee, was sie Turid auferlegen könnte, in ihrem Kopf formt.
Warum nur mussten diese Kirchenleute einen immer aus dem Gleichgewicht bringen?, fragte sich Turid im Geiste. Stirnrunzelnd versuchte sie die Worte der Älteren zu erfassen. Sie sollte sich selbst eine Strafe auferlegen? Die kamen auf Ideen. Das war ja schon fast wie eine Selbstkasteiung. Sie blickte in die Kapelle hinein und dann nach draußen, wo die dunklen Wolken bereits die ersten dicken Regentropfen entließen. "Ich sollte mich bei meinem Vater entschuldigen... meinen Eltern... falls das irgendwie geht...", meinte sie leise und blickte auf ihre Hände herunter. Das würde die Andere wohl vermutlich nie als Strafe akzeptieren, weswegen sie noch an ihre Hände gewandt hinzufügte: "Hier müsste mal wieder sauber gemacht werden. Das letzte Mal ist schon lange her." Schließlich wusste sie das am Besten. Damals hatte Ama sie hier erwischt und war dann mit ihr zum Trainingsgelände rüber gegangen. Turid seufzte leise. Sie hatte die Freundin viel zu lange nicht mehr gesehen.
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inen Moment lang hatte Sybilla falsch verstanden, was Turid meint und dachte, sie wolle sich bei Gott entschuldigen. Bis ihr aufging, dass sie von ihren leiblichen Eltern sprach. Der Tod der beiden musste eine tiefe Lücke in ihrem Leben und ihrem Herzenhinterlassen haben, die wohl noch niemand hatte schliessen können.
"Ich glaube, deine Eltern wissen, was du in deinem Herzen fühlst. Denn so geht es dir doch auch mit deinen Kindern. Jedoch hast du recht, es kann hilfreich sein, sich die Zeit zu nehmen und ihen noch einmal sagen, was man immer schon hätte sagen sollen. Dann kann man sie vielleicht besser gehen lassen."
Die Bmerkung über die Sauberkeit dagegen lässt Sybilla etwas lächeln. Sie hatte gedacht, so etwas hätte nur sie gestört und nicht eine gestandenen Soldatin, die sicher schlimmeres gewohnt war. "Du meinst, du würdest das Haus Gottes hier etwas von seiner Würde zurück geben wollen?"
Etwas unnötiger Weise strich sich Turid die Uniform glatt. Irgendetwas mussten ihre Hände zu tun haben, da sie sich noch immer nicht ganz wohl und eher unsicher in ihrer Haut fühlte. Dieses Gefühl war für sie als Soldatin reichlich ungewohnt, was dazu führte, dass sie eben ein wenig unruhig wirkte. "Sicher merke ich das bei meinen Kindern. Der Unterschied besteht aber darin, dass ich Terje und Marita beobachten kann und daran erspüre, was eben in ihnen vor sich geht. Meine Eltern können das bei mir nicht mehr tun. Und es gibt immer Dinge, die ungesagt blieben, die der Andere vielleicht erahnte. Doch wäre es dennoch schöner gewesen, wenn man sie ausgesprochen hätte. Und mit einem Male ist es dann zu spät.", meinte sie in Bezug auf die Eltern. Danach ließ sie ihren Blick durch die Kapelle wandern und zuckte leicht mit den Schultern. Sie musste der Geistlichen ja nun nicht wirklich auf die Nase binden, dass sie das bislang hier auch hin und wieder getan hatte, oder? Sie räusperte sich leise, "Nunja, in staubig sieht es etwas schäbig aus, oder? Also... ich würde es hier schon sauber machen... Und ähmm... ja, Würde zurück geben würde ich ihm dann wohl auch...", meinte sie vorsichtig. Ob es wohl auffallen würde, dass sie ganz genau wusste, was sich hier wo genau war? Sie würde sich wohl besser zurücknehmen, um nicht alles Preis zu geben.
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"Ja"kommt es sehr zögernd von Sybilla zuück. "Das letzte mal das ich meinem Jüngsten sprach bevor das Fieber kam schimpfte ich mit ihm wegen einer Kleinigkeit. Ich würde ihm so gerne noch einmal sagen, dass es nicht schlimm war und dass ich ihn immer geliebt habe. Aber es ist zu spät. Ich kann mich nur damit trösten, dass er es wusste. Und dass er es jetzt ganz sichr weiß. Denn ich glaube nicht, dass man im Paradies sein kann und noch Groll hegen kann." Sie verstummt. Egal wie lange es her ist, die Wunde wird nie ganz verheilen und der Schmerz ein Teil ihres Lebens bleiben.
"Würde? Warum ist es dir wichtig, dass dieser Ort Würde hat? Versteh mich nicht falsch, ich fände es schön, wenn es hier anders aussehen wird. Aber warum ist es für dich wichtig?"
Turid nickte leicht. Ja, die Andere schien zu verstehen, worum es ihr ging. Dass ein Groll mit dem Tod enden würde, war allerdings so eine Sache, der sie nicht so ganz trauen konnte. Doch war das wohl eine Sache der Überzeugung. Sie wollte den Schmerz der Älteren und ihren eigenen nicht auffrischen und beließ es daher bei dem Thema.
Was nun aber diese Kapelle anbelangte, so zuckte sie abermals mit den Schultern, "Ihr habt doch gesagt, dass ich damit dem Ort hier seine Würde zurückgeben würde, oder? Und naja... ich soll mich ja bei Eurem Gott entschuldigen... ich denke eben... das geht am besten an dem Ort, den er für sich beansprucht. In Rothenburg würde das nie bemerkt werden, weil dort ständig einer der Neulinge die Kirche schrubben muss. Hier kommen die nicht hin...", versuchte sie ihre nüchternen Überlegungen in Worte zu fassen. Warum nur, konnte sie das nicht einfach auf sich beruhen lassen und die Sache entweder annehmen oder zurückweisen? Turid blickte die Andere stirnrunzelnd an.
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Dankbar, dass man zurück zu handfesteren Themen findet nickt Sybilla. "Wend du Gott in dein Herzen lässt, dann ist eine solche Entschuldigung keine Last. Dann fühlt es sich einfach passend an. Aber du hast recht, hier würde man es mehr wertschätzen was du tust. An diesem Ort, wo so wenig Raum für Gott ist, wird deine tat sicherlich mehr gewicht haben. Ich wäre dir sehr dankbar."
Keine Last sollte es also sein. Nun gut, blieb nur die Frage, warum es dann eine Buße gab. Aber das waren nun wohl recht müßige Fragen. Daher schluckte Turid sie erst einmal hinunter und räusperte sich leise. "Und wenn ich das Eurem Gott wirklich erlauben sollte... was würde dann noch auf mich zukommen? Also... im Falle einer Eurer Taufen?", sprach sie mit belegter Stimme. Sie hatte das Wort über die Lippen gebracht und war dabei nicht einmal ins Stocken geraten. Schon gar nicht schlecht für den Anfang, oder?
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